Gerichtsurteile zum Schichtdienst


Die hier beschriebenen Gerichtsurteile wurden an deutschen Arbeitsgerichten gefällt. Grundlage dafür sind das Arbeitszeitgesetz und das Einkommenssteuergesetz



Darf ein Arbeitgeber kurzfristig den Dienstplan ändern?

Bei Bedarf können Dienstpläne relativ problemlos abgeändert werden. Aber darf ein Arbeitgeber dieses so ohne weiteres? Schließlich bedeuten Änderungen für den Arbeitnehmer nicht selten einen wahren Balance- und Kraftakt pünktlich zur Arbeit erscheinen zu können. Gerade im Schichtdienst bedarf es häufig einer genauen Planung des Privatlebens weit im Voraus um beispielsweise die Betreuung der Kinder gewährleisten oder Arzttermine wahrnehmen zu können. Das Berliner Arbeitsgericht hat in einem Urteil vom 05. Oktober 2012 (Aktenzeichen: 28 Ca 10243/12) ziemlich unmissverständlich klar gemacht wie die Vorgehensweise in diesem Fall zu sein hat. Prinzipiell gilt, dass ein Arbeitgeber bei einer Änderung des Dienstplans auf die Interessen der Beschäftigten Rücksicht zu nehmen hat. Daher sind Dienstplanänderungen mindestens 4 Tage vorab anzukündigen. Ansonsten hat der Arbeitnehmer das Recht der Arbeit fern zu bleiben und darf nicht aufgrund dessen fristlos gekündigt werden. Ausgenommen sind hiervon allerdings kurzfristige „Notfälle“ wie beispielsweise die Erkrankung eines anderen Arbeitnehmers, die den Betrieb des Unternehmens gefährdet. Zudem ist zu beachten, dass Betriebe, die einen Betriebsrat haben, den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit als auch die Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage mit diesem abstimmen müssen. Somit ist zu beachten, dass kurzfristige Dienstplanänderungen durchaus vorgenommen werden können in Notfällen, ansonsten aber einer angemessenen Ankündigungsfrist unterliegen. Ohne eben die Einhaltung der Ankündigungsfrist kann dem Arbeitnehmer nicht gekündigt werden, auch wenn dieser mit einer „Krankschreibung“ drohen sollte damit dieser der geänderten Schicht nicht nachkommen muss.


Besteht ein Gewohnheitsrecht bei Schichtzeiten?

Zahlreiche Arbeitnehmer bevorzugen eine bestimmte Schicht und richten ihr Leben danach aus. So übernehmen Mütter oftmals die Früh- oder Nachtschicht, damit diese Nachtmittags für ihre Kinder zu Hause sind. Dieses interne „Familiensystem“ funktioniert meistens recht gut. Beide Elternteile können ihrer Arbeit nachgehen und die Betreuung der Kinder ist gewährleistet oder ein anderer Arbeitnehmer übernimmt immer Nachtschichten, weil diese ihm am besten liegen. Für gewöhnlich nehmen Dienstplaneinteiler Rücksicht auf diese Umstände des Arbeitnehmers, teilweise auch über Jahre hinweg. Allerdings besteht kein Gewohnheitsrecht auf diese Schichtzeiten. Das bedeutet, sollte der Arbeitnehmer in einer andere Schicht eingeteilt werden, hat er dieser Arbeitszeit Folge zu leisten. Der Arbeitnehmer kann sich nicht darauf berufen, dass er seit einer langen Zeit immer diese Schichtzeit zugeteilt bekommen hat, und somit ein Gewohnheitsrecht vorliegt. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht im Fall BAG, Az. 5 AZR 849/06. Selbstverständlich hat diese Umstellung unter Berücksichtigung aller weiteren Vorlagen wie beispielsweise eine ausreichende Ruhezeit usw. zu erfolgen. Eine Ausnahme liegt allerdings vor, wenn in der Stellenbeschreibung ausdrücklich auf eine Tätigkeit in einer speziellen Schicht hingewiesen wurde und der Arbeitgeber über Jahre hinweg diese Einteilung fortgeführt hat. Dann darf eine veränderte Einteilung nur in Absprache mit dem Arbeitnehmer erfolgen. Dies bezeichnet aber die einzige Ausnahme. Ansonsten darf der Arbeitgeber seine Arbeiter frei einteilen wie er es für richtig hält – unabhängig der vorstehenden Lebensumstände. Der Arbeitgeber ist beispielsweise nicht dafür verantwortlich für eine ausreichende Kinderbetreuung zu sorgen. Ein Dienstplan muss stets frühzeitig bekannt gegeben werden. Daher hat der Arbeitnehmer ausreichend Zeit die geänderten Arbeitszeiten in sein Leben zu integrieren.


Pausen

Laut Arbeitszeitgesetz muss ein Arbeitnehmer spätestens nach 6 Stunden Arbeitszeit seine Tätigkeit für 30 Minuten ruhen lassen und Pause machen. Dabei ist allein der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass sein Arbeitnehmer auch die Pause macht. Die Arbeitnehmer können in dieser „freien“ Zeit machen was sie wollen. Sie können sowohl die Wirkungsstätte als auch das Gelände verlassen. Der Chef kann nicht verlangen, dass der Mitarbeiter „in Reichweite“ verbleibt um bei Bedarf kurzfristig die Pause beenden zu können. In seinem Urteil richtet sich das Landarbeitsgericht LAG in Köln (5 Sa 376/13) ausschließlich an die Arbeitgeber, die dafür Sorge zu tragen haben, dass der Arbeitnehmer auch seine Pausen einhält. Um zu belegen, dass Pausen gewährt wurden und diese zur Einhaltung angesetzt waren, müssten diese unter Angabe der Anfangs- und Endzeit als auch anhand ihrer Dauer in den Dienstplan eingetragen werden. So wäre der Arbeitgeber in der Lage die Pausen festzulegen. Arbeitet ein Arbeitnehmer seine Pausen durch, der Chef duldet dies oder hat dem Arbeitnehmer die Pausenregelung allein überlassen obliegt die Beweislast beim Arbeitgeber, dass der Angestellte seine Pausen auch tatsächlich genommen hat. Der Arbeitgeber hat seine Arbeitnehmer ausdrücklich für den Zeitraum der Pause freizustellen. Während der Pause muss der Angestellte weder erreichbar noch direkt ansprechbar für seinen Chef sein. Dadurch ist eine Rufbereitschaft in irgendeiner Weise nicht rechtens während einer Pause. Es bleibt festzuhalten, dass der Arbeitnehmer im Falle eines Rechtsstreits nicht die Beweislast zufällt darzulegen keine Pausen bekommen zu haben, sondern beim Arbeitgeber liegt zu beweisen, dass der Angestellte ordnungsgemäß seine Pausen genommen hat.


Spontane Überstunden und kurzfristiges Nach-Hause-Schicken

Am 25. April 2013 machte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil Az: 6 AZR 800/11 unmissverständlich klar, wann eine Überstunde entsteht und wie welche Rechte und Pflichten bei spontanen Überstunden oder auch kurzfristiges Nach-Hause-Schicken einhergehen. Für Dienstpläne gilt nunmehr, dass Arbeitsstunden, welche am Ende der Geltungsdauer des Dienstplans über das vertragliche Arbeitspensum hinausgehen als Überstunden anzusehen sind. Spontan angesetzte Überstunden dürfen vom Arbeitgeber nicht verlangt werden. Auch hier muss sich der Chef an eine angemessene Frist halten damit sich die Arbeitnehmer auf die Mehrarbeit einstellen können. Diese Vorwarnfrist beträgt im Allgemeinen 4 Tage. In dieser Zeit wird es dem Arbeitnehmer ermöglicht private Termine, Betreuungsengpässe usw. zu verlegen bzw. Lösungen zu finden. Kurzfristige Überstunden können nur dann erfordert werden, wenn es ich um eine Notlage handelt wie beispielsweise, dass andere Arbeitnehmer erkrankt sind und der Betrieb nicht weitergeführt werden könnte. Kann ein Arbeitnehmer kurzfristig angesetzt Überstunden nicht leisten, darf ihm nicht fristlos gekündigt werden. Dies hat das LAG Frankfurt unter Az. 3 Sa 2222/04 festgelegt. Ebenso kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht einfach beurlauben indem er ihn nach Hause schickt. Tritt ein Angestellter seinen Schichtdienst an, kann dieser nicht ohne hinreichende Begründung wieder weggeschickt und auf eine andere Arbeitszeit verlegt werden. Dieses Vorgehen ist lediglich akzeptabel, wenn eine betriebliche Notwendigkeit vorliegt wie etwa der Defekt einer Maschine und der Arbeitnehmer kann nicht anderweitig im Betrieb eingesetzt werden. In aller Regel wird der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber auch für diese ausgefallene Arbeitszeit eine Vergütung zukommen lassen müssen.


Ersatzruhetag kann ein ohnehin freier Samstag sein

Das LAG Schleswig-Holstein hat mit seinem Urteil vom 08.05.2013, 3 Sa 201/12) entschieden, dass ein Ersatzruhetag auf einen ohnehin freien Arbeitstag gelegt werden kann. Geklagt hatte ein Busfahrer, der nach Dienstplaneinteilung an einem Feiertag (Christi Himmelfahrt) arbeiten musste. Dafür bekam er vom Arbeitgeber einen Feiertagszuschlag und einen Ersatzruhetag. Dieser fiel auf einen für den Busfahrer ohnehin freien Samstag. In seiner Begründung nahm das Gericht Bezug auf § 11 Arbeitszeitgesetz. § 11 Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung (3) 1. Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. 2. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist. Nach Auslegung des Gerichts besagt das Gesetz, dass als Ersatzruhetag jeder Werktag genommen werden kann, also auch ein ohnehin freier Werktag. Ein Anspruch auf einen bezahlten Ersatzruhetag besteht demnach nicht. Ein bezahlter Ersatzruhetag würde gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer ersatzweise an einem Tag frei bekäme an dem er laut Dienstplan eigentlich eingesetzt würde. Durch den Feiertagszuschlag wurde der Busfahrer jedoch hinreichend entlohnt. Als Werktage gelten Montag bis Samstag. Ausschließlich der Sonntag als auch gesetzliche Feiertage zählen nicht zu den Werktagen. Mit diesem Urteil folgt das LAG Schleswig-Holstein den Ansichten des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 19.09.2012 (BAG vom 19.09.2012, 5 AZR 727/11).




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